"Resilienz" ist das Wirtschaftswort des Jahres 2022

In Zeiten mannigfacher Krisen und Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland und seine Unternehmen hat die Jury „Resilienz“ zum Wirtschaftswort des Jahres 2022 gewählt – als Ausdruck für die Fähigkeit, sich an Veränderungen anzupassen. 

„Resilienz“ tritt damit die Nachfolge des Wortes „woke“ aus 2021 an. Wie im Vorjahr fußt die Jurywahl auf Begriffen, die nach einer Medienanalyse neu in diesem Jahr in den Wortschatz der Öffentlichkeit kamen und dort überproportional oft eingesetzt wurden. Zudem hat die Jury aus Unternehmern, Wirtschaftsjournalisten und -wissenschaftlern sowie Verbandsvertretern (siehe Liste unten), die jedes Jahr neu zusammengesetzt wird, eigene Vorschläge eingebracht.

Diese so entstandene diesjährige Shortlist aus rund 50 Begriffen umfasste viele neue Wortschöpfungen, aber auch politische Begriffe, die Auswirkungen auch auf die Wirtschaft hatten. 

So fanden sich neben „Quiet Quitting“, “ Taxonomie“, „Greenwashing“, „Stagflation“ oder „Decoupling“ auch „Doppel-Wumms“, „Zeitenwende“, „Zufallsgewinn“ und „Klimasozialismus“ in der Shortlist.

Doch die Wahl der Jury fiel letztlich auf ein anderes Wort. Das ist das Ergebnis:

  1. Resilienz
  2. Deindustrialisierung
  3. Sondervermögen

Stimmen und Statements aus der Jury

Armin Reins: „Worte statt Taten“

„Was braucht eine erfolgreiche Wirtschaft? Richtig, topausgebildete Ökonomen. Doch anscheinend haben sich diese aus dem Tagesgeschäft in der Bundesrepublik Deutschland zurückgezogen. Selten kriselte es heftiger als heutzutage. Das zeigten auch die Einreichungen zum Wirtschaftswort des Jahres 2022, das nun gewählt wurde. Die Jury musste sich unter eine Reihe bemerkenswerter Wortkreationen entscheiden, die medial omnipräsent waren, weil sie den Zeitgeist in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung repräsentieren. Im Angebot fanden sich Neologismen wie „Klimasozialismus“, Anglizismen wie „Quiet Quitting“, Kofferwörter wie „Stagflation“ oder Fachbegriffe wie „Taxonomie“.

Jeder einzelne Begriff birgt dabei eine bestimmte Intention von beschreibend, über mahnend bis zu anklagend. Auch politisch verschiebt sich der Schwerpunkt – von Konjunkturprogrammen hin zur Kommunikation. Was an Taten nicht überzeugt, soll durch Worte kaschiert werden. So bezeichnete Kanzler Scholz die geplante staatliche Stützung der Energieversorgung und die vorgesehenen Preisbremsen in geradezu infantiler Weise als DoppelWumms“. Lautmalerische Kindersprache soll die Herzen der Bevölkerung erreichen.

Gewonnen hat ein Wort, dass die Wirtschaft aus der Psychologie übernommen hat: Resilienz. Dass ein Terminus gewählt wurde, der die Fähigkeit zur Krisenbewältigung ausdrückt, zeigt: Noch haben auch die Experten die Hoffnung nicht aufgegeben. Der Optimismus lebt. Immerhin. Wir dürfen gespannt sein aufs nächste Jahr.“

Frank Thelen zu „Resilienz“: „Erfolg durch Technologie“

„Resilienz ist in den aktuellen Zeiten wichtiger denn je. Insbesondere Tech-Unternehmen laufen momentan durch herausfordernde Zeiten, werden aber in meinen Augen langfristig Erfolg haben, sofern ihre Technologien zu einem effizienteren, nachhaltigeren Leben beitragen. Deshalb bleibe ich als Tech-Investor auch in der aktuellen Lage ruhig und vertraue auf den wahren Mehrwert meiner Portfolio-Unternehmen.“  

Michael Oelmann zu „Resilienz“: „Bildung von Resilienz wird erschwert“

„Resilienz ist das Wirtschaftswort des Jahres. Es beschreibt treffend, welche Schlüsse Unternehmer aus dem multiplen Krisengeschehen des Jahres 2022 zu ziehen haben: Die Flinte nicht ins Korn zu schmeißen, innovativ neue Wege zu suchen und überhaupt: dem ureigenen Optimismus die kaufmännischen Tugenden der Vorsicht und Vorsorge beizugesellen. Denn der Witz der Resilienz ist, dass sie in Zeiten der Stärke aufgebaut werden muss: durch Eigenkapital und durch Investitionen in Innovationen und zur Risikoabwehr, wie zum Beispiel diversifizierte Lieferketten. Vor-Sicht in guten Zeiten: So denken kann nur, wer für die Konsequenzen seines Tuns selbst verantwortlich ist und selbst haftet. Der Politik ist das fremd. Anders wäre das fahrlässige Verkonsumieren der sprudelnden Steuereinnahmen des zurückliegenden Jahrzehnts bei gleichzeitigem Schleifen von Sicherheitsvorkehrungen und Zukunftsinvestitionen nicht zu erklären. Es passt in dieses Bild, dass mit den immer lauter werdenden Bestrebungen nach neuen oder höheren Vermögens-, „Reichen-„, Erbschafts- oder „Übergewinnsteuern“ den Bürgern und Unternehmen genau diese Fähigkeit zur Ausbildung von Resilienz erschwert wird.“ 

Dr. Daniel Stelter zu „Deindustrialisierung“ und “Sondervermögen”: „Schicksalsjahr 2022“

“2022 könnte als Schicksalsjahr in die deutsche (Wirtschafts-)Geschichte eingehen. Schon lange nicht mehr wurde unser Geschäftsmodell so fundamental erschüttert und angesichts einer unzureichenden Reaktion der Politik droht in der Tat eine Beschleunigung des Trends zur De-Industrialisierung, der schon vor Corona eingesetzt hat. Dass die Politiker, statt mit aller Macht zu handeln mehr auf Lippenbekenntnisse und schöne Worte achten, unterstreicht nichts deutlicher, als die Umdeutung von Schulden zu “Sondervermögen”, wie es George Orwell nicht besser hätte machen können. Bleibt zu hoffen, dass 2023 besser regiert wird.”

Dr. Patrick Adenauer zu “Deindustrialisierung“ und „Sondervermögen”: „Früher wäre die Republik sturm gelaufen“

„In was für einer Zeit leben wir? Früher wäre die Republik sturm gelaufen, wären Schulden als Vermögen bezeichnet und der drohende Niedergang der deutschen Industrie lapidar zur Kenntnis genommen worden. Medien und Öffentlichkeit gehen mit den Begriffen Sondervermögen und Deindustrialisierung allzu leichtfertig um, als bräuchte man sich für die Rückzahlung dieser Schulden nicht anzustrengen und das mit den extremen Energiekosten – „na ja, ist ja fürs Klima“. Alles wird gut, erhöhen wir einfach die Steuern. Wohin sind die sonst so kritischen Medien geraten?“

Reiner Holznagel zu “Sondervermögen”: „Wohlklingende Beschönigung“

Das drittplatzierte Wirtschaftswort „Sondervermögen“ ist ein Inbegriff der Ampel-Haushaltspolitik, die wohlklingend sein mag, aber nur beschönigt: Sondervermögen sind in Wirklichkeit Nebenhaushalte. Hier sind 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr und 200 Milliarden für die Energiepreisbremsen bestimmt. Diese beiden ausgelagerten Haushalte verfügen über eigene Kreditermächtigungen – unabhängig vom Bundeshaushalt – und werden die Staatsverschuldung in den kommenden Jahren kräftig steigen lassen. Unsere finanziellen Spielräume werden dadurch kleiner.

Inzwischen existieren 28 „Sondervermögen“. Doch nur solide öffentliche Haushalte können Herausforderungen stemmen. Wie wäre es also mit einer Diskussion über Einsparungen in den öffentlichen Haushalten, mit mehr Transparenz und Ehrlichkeit – nämlich ohne in Sondervermögen versteckte Schulden? Mit Schulden werden wir weder das Klima retten, noch Generationengerechtigkeit schaffen. Und unser Wohlstand ist dann auch in Gefahr.“

Wolfgang Bosbach zu “Sondervermögen”: „Groteske Wortschöpfung“

„Sondervermögen hat es verdientermaßen auf Platz 3 geschafft, denn dieser Begriff ist ein „schönes“ Beispiel dafür, wie Politik den wahren Sachverhalt durch eine groteske Wortschöpfung ins Gegenteil verkehren kann. Allerdings – wer aus Rezession Minuswachstum gemacht hat, der verkauft auch eine gigantische Neuverschuldung als Sondervermögen und demnächst eine Insolvenz als Sonderkonjunktur.“

Die Jury 2022

Judith Williams

Unternehmerin und TV-Ikone

Frank Thelen

Seriengründer und Investor

Michael Oelmann

Herausgeber DDW Die Deutsche Wirtschaft und Medienunternehmer

Marie-Christine Ostermann

Unternehmerin und hem. Bundesvorsitzende Die Jungen Unternehmer

Wolfgang Bosbach

langjähriges MdB und Rechtsanwalt

Sarna Röser

Bundesvorsitzende des Verbands DIE JUNGEN UNTERNEHMER

Armin Reins

Autor und Inhaber REINSCLASSEN

Prof. Dr. Yasmin Weiß

Expertin für digitale Bildung und die Arbeitswelt der Zukunft

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Alexander Marguier

Herausgeber "Cicero" und Medienunternehmer

Roland Tichy

Herausgeber "Tichys Einblick", ehem. Chefredakteur Wirtschaftswoche

Frank Dopheide

Ex-Handelsblatt-CEO und Inhaber der Agentur human unlimited

Reiner Holznagel

Präsident des Bundes der Steuerzahler

Dr. Patrick Adenauer

Unternehmer und ehemaliger Präsident Die Familienunternehmer

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Daniel Stelter

Ökonom, Autor und Blogger ("Think beyond the obvious")

Dr. Diana Taubert

Chemikerin, Patentanwältin und Unternehmerin